Die ersten Stunden zu Hause haben wir also den Umständen entsprechend gut verlebt. Mit dem Monitor sind wir allerdings keine Freunde geworden, nicht bis zum letzten Tag.
Der tägliche Kampf um die Gewichtszunahme forderte uns alles ab. Unsere Nachsorgeschwester Ute brachte zu jedem Termin eine Waage mit. Jedes Mal bevor es auf die Waage ging wurde mir ganz komisch. Im Hinterkopf immer den Gedanken und Druck, Ben muss zugenommen haben. Es machte mich ganz unsicher, weil ich nicht abschätzen konnte, ob die Tage so gut waren das Ben genug zu sich genommen hat und vor allem das er nicht zu viel wieder erbrochen hatte. Was wir in der Zeit an Spucktüchern gewaschen haben war schon extrem. Es gab keine Mahlzeit ohne vollgespuckte Tücher und Schultern. Um einfach mehr Sicherheit zu bekommen und um nicht immer von Ute abhängig sein zu müssen, organisierten wir uns eine Babywaage aus der Apotheke. Voller Freude das ich nun auch täglich beobachten und kontrollieren konnte, ob bzw. das Ben zugenommen hat, holte ich die Waage ab. So einfach wie ich mir das vorstellte wars leider nicht. Irgendwie funktionierte die Waage nicht richtig und ich musste sie zurückbringen und bat um eine geeichte Ersatzwaage. Ich glaube um die 0,20 Euro zahlten wir pro Tag Ausleihgeühr für die Waage. Diese Gewissheit und Sicherheit die wir erlangten, war jeden Cent wert und ich würde es immer wieder genau so machen. Die zweite Waage funktionierte also einwandfrei und wir konnten ab sofort das Gewicht von Ben im Auge behalten.
Es gab ein Blatt Papier auf unserem Wohnzimmertisch. Auf diesem Blatt notierten wir täglich, zu welcher Seite gerichtet Ben geschlafen hat – damit er einen schönen Hinterkopf bekommt, wie viel Ben gewogen hat VOR und NACH dem Füttern – um nachvollziehen zu können wie viel Ben aus meiner Brust getrunken hat zzgl. Flaschengabe und wir somit eine Gesamt-ml-Angabe hatten pro Mahlzeit. Ben wurde immer nackig gewogen – ohne Windel – das hätte das Ergebnis verfälscht. Und wenn die Windel einmal vergessen wurde abzunehmen, musste Ben noch einmal auf die Waage. Ich war so akribisch und penibel beim Notieren, ich raubte Christoph damit definitiv das eine oder andere Mal den letzten Nerv.
Die ersten Tage zogen ins Land. Wir spielten uns sehr gut ein. Leider mussten wir immer wieder mit Ben und seiner Nahrungsaufnahme kämpfen. Ben hatte zwischendrin immer wieder Momente in denen er schon recht wach war. Darüber freuten wir uns sehr. Nach knapp 5 Tagen zu Hause, kontaktierten wir in unserer Sorge und Not dann aber unsere Nachsorgeschwester Ute. Ben trank wieder sehr schlecht und schlief ständig ein beim Trinken.

Während ich Ben stillte, war er teilweise fast vollständig entkleidet und nur noch mit einer Windel bedeckt – er sollte es nicht zu „gemütlich“ haben und dadurch einschlafen. Außerdem konnten wir ihn so viel besser zum Weitertrinken animieren, in dem wir über seine nackten, sanften Füßchen oder den blanken Rücken streicheln konnten. Es war jedes Mal eine sehr unbehagliche Situation. Ben sollte sich doch wohlfühlen, sich sicher wie geborgen fühlen, er sollte es warm haben und sich gut aufgehoben fühlen. Aber wir mussten ihn mit den genannten Maßnahmen wach halten, immer wieder zum Trinken drängen und keine gemütliche Atmosphäre – wie man es sich eigentlich als Mama und Papa wünscht – schaffen. Wir mussten unseren kleinen, schwachen und sehr dünnen Schatz immer wieder „ärgern“, so fühlte es sich manchmal an auch wenn wir tief in uns wussten, das es nur zu seinem Besten war. Nach diesen knapp 5 Tagen zu Hause, half aber immer weniger. Wir brauchten für 40 ml 1 geschlagene Stunde. Und Ziel waren 80 ml. Ihr könnt euch denken wie es in uns aussah. Die Anspannung stieg wieder und die Stimmung sank.